Wie meistens war Ibara in der Nähe der Burg herum gestriffen, wobei sie unbewusst auf ihrem Weg ein paar Büsche in einen fast schon grellen Pinkton gefärbt hatte. Schließlich hatten ihre Pfoten, oder vielmehr ihre Nase sie zur Hirschwiese geführt. Dort hatte Ibara begonnen einige Wurzeln und auch Kräuter zu sammeln, wobei sie sich für jeden Fund höflich bei den Göttern bedankt hatte. Dass in der Zwischenzeit Amarok aufgetaucht war und es Verletzte gab, ahnte Ibara zu diesem Zeitpunkt nicht. Wurzeln und auch Kräuter hatte sie mit Hilfe von langen Gräsern zu einem Bündel geschnürt, welches sie nun fast schon stolz mit sich trug, während ihre Pfoten von schwarzen Schwaden umgeben wurden und das Gras sich unter diesen blau färbte. So strebte Ibara ihrem Zuhause entgegen.

~Hirschwiese~

Endlich erreichte Ibara das Schloss, wobei sie wie meist kurz ihren Blick schweifen ließ. Kurz dachte Ibara Schattierungen zu sehen, doch das wäre ja nicht so ungewöhnlich. Die Wiese vor dem Schloss wurde unter ihren Pfoten leicht violett, als sie beim herum blicken stehen blieb. Rasch beeilte sie sich das Schloss zu betreten, hoffend dass die gesammelten Kräuter und Wurzeln hilfreich sein würden. Wie meist, wenn sie sich im Schloss aufhielt, war Ibaras Rute weit gesenkt, ja die Spitze war leicht zwischen die Hinterpfoten geklemmt. Noch immer war Ibara vorsichtig gegenüber ihrem neuen Rudel, nachdem sie aus dem vorigen wegen ihrer Augen verbannt worden war. Doch bisher war ihr niemand gegenüber unfreundlich gewesen. Behutsam legte Ibara ihr Sammelgut ab und sah sich im Hof des Schlosses um.

~kairon~

Divya war an diesem Morgen bereits früh wach, streifte zwischen den Stämmen des Götterwaldes umher und sog den Atem der Natur in sich ein. Und das, obwohl die Müdigkeit gefräßig an ihren Gliedern nagte. Denn die stumme Nacht wollte ihr dieses Mal wohl ungerne entgegenkommen. Irgendetwas hatte ihr den Schlaf geraubt; immer wieder, in regellosen Spannen, als hatte es sich selbst nicht festlegen können, wann genau es sie plagen sollte. Mal wenn Divya im tiefen Traum lag, mal wenn sie im oberflächlichen Schlummer ruhte ─ ständig wollte sie Gott weiß was daran hindern, Erholung zu finden. Und dies prägte sich auf ihr Gemüt alles andere als wünschenswert aus. Womöglich war es deshalb besser, dass sich die göttliche Grobheit noch vor Anbruch des fahlroten Morgens von ihrem Heimatschloss Kairon abgewendet hatte und ihren Missmut nun stattdessen irgendwo in den einsamen Tiefen des Waldes verbreitete. Oder sich von diesen besänftigen ließ.
Der Hauch frischen Morgens strich ihr unerwartet an der Nase vorbei, wehte ihr einen angenehmen Schauer über den Wirbel. Wie von selbst ließ es sie die Lider schließen und die wohlige Luft genießen. Die Luft der frühen Sommererde.
Sowas sollte ich öfter tun, dachte sie, bereits etwas ausgeglichener, noch bevor ihre schilfgrünen Augen wieder das Licht erfassten.

Der Moon Dancer lief seine morgendliche Runde durch den Wald und sprang über Baumstämme und Büsche. Er brauchte es einfach. Eigentlich hatte er vorgehabt, die Umgebung von Kairon einmal zu prüfen, um einfach auf dem Stand zu bleiben. Aber lange ruhig wandern konnte er nicht, sodass er jetzt wie der Wind durch den Wald sauste und wenig auf seine Umgebung achtete.
Bald spürte er aber einen bekannten Geruch und blieb stehen. Er sah etwas weiter von ihm entfernt ein braunes Stück Fell und erkannte es als das von @Divya, der Heilerin aus seinem Rudel. Sie ging durch den Wald, bis sie stehen blieb und anscheinend die Augen schloss. Vorsichtig ging er durch das dichte Gebüsch näher an sie heran.

<< Götterwald >>

Als Sonke sich erhob, erwachte auch Neyran aus einem tiefen, erholsamen, aber traumlosen Schlaf. Noch immer etwas müde streckte er seine Glieder von sich und gähnte ausgiebig. Durch einen Spalt seiner, noch immer halb geschlossenen Augen, sah er sich um. Memo lag noch neben ihm und schien nicht von Sonke geweckt worden zu sein.. Onkel Tra konnte er nicht mehr ausmachen, aber auch Yuuka schien verschwunden zu sein. Neyran blinzelte, um nicht direkt von der aufgehenden Sonne geblendet zu werden und wandte den Kopf weiter in alle Richtungen. Keine Spur von seiner Mutter. Verunsichert setzte er sich auf und versuchte angestrengt seine Augen an die neue Helligkeit zu gewöhnen, doch das fiel ihm schwerer als gedacht. Sie mussten wirklich lange geschlafen haben. Prüfend schubste Neyran seinen Bruder Memo mit der Schnauze an. He, Memo.. flüsterte er. Memo - wach auf, es ist morgen! versuchte er es direkt noch etwas lauter.

[ Kairon ]

Kaum ließ Divya den Gedanken ausklingen, zuckte bereits ihr linkes Ohr. Wachsam öffnete die Waldwölfin wieder die Augen. Sie hatte etwas gehört.
Ohne sich vom Fleck zu begeben und nur die Fledermauslauscher ihre Arbeit machen lassend, konzentrierte sie sich auf die sachten Laute irgendwo in nächster Nähe zwischen den undurchsichtigen Gebüschen, die sie umrangen. Mit jeder Sekunde, die sie flach atmend vergehen ließ, wurde das Geraschel deutlicher. Näher und fassender.
Es war sicher kein kleines Tier, das Rascheln war zu prägnant, zu schwer. Auch kein Reh oder Hirsch. Dafür schienen die Schritte zu heranpirschend visiert. Was es auch war, es war groß; und es wollte zu ihr.
Gerade als Divya an das einzige dachte, worum es sich hätte handeln können, glaubte sie etwas Weißes zwischen dem Grün aufblitzen zu sehen. Pelz – schneeweißer Pelz. Schneeweißer Wolf.
"Komm raus", befahl die erdbraune Fähe plötzlich mit unerschütterlichen Ton. Noch konnte sie nicht sagen, wer sich hinter dem blütenhellen Fell verbarg – ob Freund oder Feind. Doch stellte sich die Heilerin auf das Widrigste ein.

Divyas feste Stimme ließ ihn zusammenzucken. Die Stimme hörte sich ernst an und erlaubte kein Zögern. Saar wurde plötzlich unsicher, als er dann aus dem Gebüsch trat. Tut mir leid.Er senkte ehrfürchtig den Kopf. Ich wollte dich nicht beunruhigen.
Saar war zwar ein komplettes Energiebündel, dass sich manchmal in seinen Pflichten vergaß, aber sein Respekt und Höflichkeit gegenüber anderen blieb unerschütterlich.

<< Götterwald >>

Ihr kühler Blick haftete steinern an der Stelle, an der das Gebüsch deutlich zu rascheln begonnen hatte. Wer auch immer, sich dort verdeckte, zögerte nicht und folgte gehorsam ihren Worten. Wie ein Welpe, der den Missmut der Erwachsenen nicht auf sich ziehen will. Und ebenso scheu wie ein Welpe schien ihr auch der weiße Wolf aus dem Dickicht hervorzutreten. Mit vorsichtigen Schritten und ehrfürchtig gesenktem Kopf erblickte sie Saar. Den jungen, stürmischen Moon Dancer, der sogleich sein Auftreten rechtfertigte.
"Du hast mich nicht beunruhigt", stellte sie umgehend eindeutig fest. Zumindest nicht derartig, dass all ihre Sinne Alarm geläutet und ihre Muskeln den Kampf entgegengesehen hätten. Und doch hatte sie das Geraschel und das Stück aufblitzende Fell nicht völlig unbewegt stehen gelassen.
"Was machst du hier?" Divya musterte den Wetterwolf. Er schien nicht gerade eine ausstehende Aufgabe auf seinen Schultern zu tragen. Wenn er dies überhaupt einmal tat. Divyas Eindruck über Saar einbeziehend, steckte in dem Rüden mehr ein herumtobendes, umherspringendes Kaninchen als ein verantwortungswürdiger Träger von Pflichten. Bei seinem Benehmen könnte man leicht vergessen, dass der Weiße mit seinen 2 Jahren bereits ausgewachsen ist – oder sein sollte.

Neyrans Ohren schnippten nach hinten, als Memo zu murren begann. Spielverderber.. dachte er, konnte sich ein kleines Grinsen jedoch nicht verkneifen. Seine Schwester schlug vor Onkel Tra suchen zu gehen und das klang in seinen Ohren, zumindest fürs erste, deutlich besser, als hier weiter den jungen Tag zu verschlafen. Noch einmal streckte er sich ausgiebig, gähnte hörbar und schüttelte sich anschließend die restliche Müdigkeit aus dem Pelz. Also ich bin dabei. wuffte er in Sonkes Richtung und wandte sich noch einmal zu seinem Bruder um. Was ist mit dir, Schnarchnase? Kommst du mit?